Presse:2010 11 10 Kölnische Rundschau über "Eine Nacht in Afghanistan"

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Nicht nur schales Dosenbier

Ensemble Futur3 zeigt "Eine Nacht in Afghanistan"

HANS-WILLI HERMANS

Dem Zuschauer fliegt Sand um die Ohren, er wird vom Qualm der Detonationen eingeräuchert und - auf unbequemen Feldbetten sitzend - von präpotenten Rekruten angepöbelt. Das Ensemble Futur3 hat beim Aufbau seines "theatralen Lagers" im ehemaligen Offizierskasino der Belgischen Streitkräfte in Junkersdorf keine Mühen gescheut, damit das Publikum die Situation der deutschen Soldaten im Auslandseinsatz hautnah nacherleben kann.

"Eine Nacht in Afghanistan" beginnt schon daheim mit Drill, markigen Soldatenliedern und Sprüchen: "Nicht, wofür wir kämpfen ist das Wesentliche, sondern wie wir kämpfen." Klar, wo sich überwiegend Männer zu Gruppen bündeln, um einen gefährlichen Job zu erledigen, wird´s unappetitlich. Ordinäre Sprache, Überbietungsrituale, Schaukämpfe, fiese Vorgesetzte und schales Dosenbier bestimmen denn auch das Leben im Camp. Und wenn´s ernst wird, sind die "knallharten" Typen verständlicherweise überfordert und kommen traumatisiert nach Hause.

Dass alles Reden vom fast aseptischen Einsatz die Sache nicht trifft, dass die Mülltrennung in den Kasernen und die Fotos vom Freiherrn im Tarnanzug Propaganda sind, dürfte den meisten Theaterbesuchern indes schon vorher klar gewesen sein. Und nur das wird deutlich in André Erlens Inszenierung nach einem Text von Klaus Fehling. Dessen Vorlage lässt mit stark typisierten Charakteren und stilisierten Dialogen differenziertere Fragen nach der Rolle der Bundeswehr in Afghanistan außen vor. Wer aber bestätigt haben möchte, dass Krieg sch ... ist, wie Helmut Schmidt zu sagen pflegt, dem sei die "Nacht in Afghanistan" ans Herz gelegt.